Polarlichter in Island
Es sollte endlich losgehen nach Kalifornien mit einem “kurzen” Zwischenstop in Island. Der Koffer war gepackt und das Kameraequipment im Rucksack verstaut. Früh aufstehen war angesagt und der 15min Fußweg zum Bahnhof war ein guter Morgensport, da es schon recht eng war in der Zeit. Eile war auf jeden Fall von Anfang an ein Begleiter. Unfreiwillig. Hätte man da schon geahnt, was an diesem Tag noch passieren wird.
Am Flughafen angekommen gab es schon den ersten Dämpfer, denn der Flug war bereits um etwa 2 Stunden verspätet. Das war sogar praktisch, da damit der Aufenthalt in Island viel kürzer gewesen wäre und nur 1 Stunde zum umsteigen zur Verfügung gestanden hätte. Koffer eingecheckt. Beim Security Check den Nacktscanner umgangen und schon war man im Duty Free Bereich. Ab diesem Zeitpunkt fühle ich mich immer sicher, dass nichts mehr schief gehen kann oder der Flug verpasst wird. Und nun hieß es warten, schließlich war die Ankunftszeit schon mit 2h im Voraus geplant und dazu kamen noch die 2h Verspätung. Also 4 Stunden Flughafen Action. Machbar. Leider gab es am Gate kaum Möglichkeiten zum Einkaufen, sondern nur einen kleinen Stand mit Brezeln und anderen Snacks. Ausreichend für die “kurze” Zeit. Steckdosen sucht man fast vergeblich, da sie eher selten und dann auch noch an ungünstigen Stellen verteilt sind. Wer in der Wartezeit also am Laptop arbeiten möchte darf sich auf die Suche machen.
Nach langem Warten und einer Brezel kamen erste Meldungen, dass am Terminal 1 in Frankfurt alles evakuiert wurde und Passagiere in den Flugzeugen wieder aussteigen sollten. Bombenwarnung. Seltsamerweise dachte ich nicht wirklich an einen Bombenanschlag, sondern eher daran, dass ich Gott sei dank an Terminal 2 war und das Flugzeug ja gleich da ist. Internet nach Meldungen gecheckt. Es war wohl nur Fehlalarm und es gab Entwarnung, da jemand durch den Sicherheitsbereich ohne Check gelaufen ist. Glück gehabt und man sollte meinen, alles geht schnell weiter. Nun denn, die Mitarbeiter der Airline konnten nach mehrmaligem Nachfragen nichts sagen, weil Sie keine Informationen hatten. Alle sollten dennoch einchecken, um zu sehen wer da ist und wer nicht. Wir blieben davor sitzen an den Steckdosen, denn der Bereich nach dem Einchecken ähnelte einer Sardinenbüchse und war völlig überfüllt. Andere Passagiere suchten sich ebenfalls Informationen zusammen und so entstand eine Art stille Post mit neuen Informationen, da es von offizieller Seite nichts gab.
Weitere Zeit verstrich und unser Flugzeug war in Düsseldorf gelandet. Frankfurt hatte Landungen verboten und der Flughafen war dicht. Trotz Entwarnung. Nun durfte man warten, bis es offiziell wieder geöffnet wurde und so verstrich die Zeit auf hartem Steinboden. Die Stimmung sichtlich gekippt, denn eigentlich wollten alle nur weiter, umsteigen in Island, um zum eigentlichen Ziel zu gelangen. Irgendwann organisierten die Mitarbeiter Vouchers im Wert von 10€ für alle Passagiere, um sich am Flughafen etwas zu Essen zu holen. Gut wenn man vorher schon etwas gegessen hatte. Ich hätte mir wirklich gewünscht, dass von offizieller Seite mehr Informationen gekommen wären. So war es eben nur stille Post und das sollte sich sogar noch fortsetzen.
Als dann gegen 18 Uhr (offizieller Start wäre 12:40 Uhr gewesen) endlich die Maschine aus Düsseldorf bereit stand an unserem Gate und das Boarding begann, war man auf einer Seite froh, dass es endlich weiter ging. Auf der anderen Seite Unsicherheit, da der Anschlussflug nach San Francisco definitiv weg war und erstmal geklärt werden musste wie es weiter geht. Aus der einen Stunde Aufenthalt in Island wurde also ein ganzer Tag.
Der Flug nach Island
Nach 3 1/2 Stunden sind wir in Island gelandet. Man merkte sichtlich, dass viele genauso unsicher waren, da alle ihren Anschluss verpasst haben. Der Flughafen in Island war leer gefegt zur Ankunftszeit. 4 Mitarbeiter der Airline begrüßten uns am Ende des Flugsteigs mit einer Namensliste. Abgehakt und Koffer holen. Es wurde ein Shuttle Bus und Hotel organisiert. Für alle 200+ Passagiere. Welches Hotel in Island hat so kurzfristig Platz für 200 Menschen? Meine Erwartung war zu dem Zeitpunkt echt nicht hoch, da ich ungern in Mehrbettzimmer mit fremden Menschen wollte und generell kein Fan davon bin. Dennoch gab es weiterhin kaum Informationen, bzgl. Essen und Weiterflug.
Ich war auch überhaupt nicht für die isländische Kälte angezogen. Deutschland war warm und ich erwartete ein warmes Kalifornien. Kurze Hose und Tshirt war bei 10 Grad in Island dann doch zu kalt. Der Shuttle Bus brachte uns dann zum Restaurant in einer alten US Militärbasis. Eine sehr unterhaltsame Fahrt, dank eines sehr lustigen Kaliforniers. Hätte für mich Comedian sein können. Die Landschaft erinnerte mich an den Mars. Stein und Fels und sonst nichts. In der Ferne sah man riesige Gebirge. Ich weiß, dass ich dort auf jeden Fall nochmal hin muss. Der Sonnenuntergang während der Fahrt war episch und wunderschön. Pizza für alle in einem viel zu kleinen Restaurant warteten dann. Es begann wieder an Spaß zu machen, da man beim Essen sich mit den anderen Passagieren unterhielt.
Die Unterkunft
Ich mag es sehr neue Menschen kennenzulernen und zu erfahren was sie machen und wo sie hin wollen. Da war zum Beispiel Kai, der ein Auslandssemester in Boston machen wird oder ein deutscher Mitarbeiter bei YikYak in San Francisco. Ein Schüler, der ein Auslandsjahr in Montreal macht, eine Studentin, die durch Kanada reisen will und ein weiterer, der ebenfalls in Kalifornien eine Rundreise machen will. Die Truppe formierte sich und so lernte man sich ein Stück weit kennen mitten im Chaos. Großartig.
Auf dem Weg zur Unterkunft kamen die ersten Befürchtungen. Blockgebäude, alles verlassen. Angekommen sah man durch die Fenster bereits Hochbetten. Meine Stimmung war im Keller. Und die Warteschlange zur Zimmervergabe schlängelte sich durch den Eingangsbereich. Mal wieder warten. Ich denke man musste an diesem Tag wirklich starke Geduld beweisen. Draußen war es bereits schwarz am Himmel. Wir bekamen eins der letzten 3-Bett-Zimmer. Ich war glücklich und als ich dann das Zimmer betrat umso mehr. Alles war neu, keine Hochbetten und ich fühlte mich wohl. Das war die Hauptsache. Im Hinterkopf war jedoch immer noch der Gedanke, wie wir überhaupt weiterfliegen, was mit unserem gemieteten Fahrzeug ist und unserem AirBnb in San Francisco.
Der Abend wurde dann mit den anderen in der Hotellobby verbracht. In dem Moment fand ich es mittlerweile ganz schön, dass man die Passagiere aus dem eigenen Flugzeug noch mehr kennenlernt, bzw. überhaupt kennenlernt. In der Regel sind es sonst unbekannte Gesichter, die den Hauch eines Momentes im Leben auftauchen und wieder verschwimmen. Nun haben sie Namen und eine Persönlichkeit. Und Handynummern. So langsam kam es mir vor, als wäre man auf Klassenfahrt. So viele junge Menschen und alle offen. Doch das Highlight des Abends war die Nacht. Der Nachthimmel eher gesagt. Denn plötzlich war er mit grünen Streifen versehen, die sich immer wieder veränderten, verschwanden und wieder auftauchten. Polarlichter. Ich hätte nie damit gerechnet, dass ich sie auf dieser Reise sehen werde und es war einfach der hammer. Ich wollte schon seit Jahren Polarlichter sehen und da waren sie. Großartiges Naturschauspiel. Und die Kamera war direkt gezückt. Island wurde immer besser, trotz der Ungewissheit.
Ende eines großartigen Zwischenstops
Am nächsten Tag gab es in einem anderen Hostel Frühstück. Nach wie vor gab es kaum Informationen, bis auf den organisierten Shuttle Busservice zum Flughafen. Die ersten Passagiere waren bereits früh am Morgen abgereist. Bis zur Abfahrt gingen wir die Gegend erkunden und ließen die Drohne in die Luft abheben. Großartige Landschaft auch bei Tageslicht. Es sah nach wie vor aus wie auf dem Mars und in der Ferne sah man noch mehr Berge und Dampfwolken aus dem Boden steigen. Heiße Quellen? Die Zeit verstrich bis zum Mittag und Hektik machte sich wieder breit, da wir zum Shuttle Bus sollten, der leider abgefahren war. Also warten auf den Nächsten. Die bekannten Gesichter von letzter Nacht warteten mit uns. Es war immer noch kalt, trotz Sonnenschein.
Am Flughafen ging der Checkin am Automaten. Wir wurden umgebucht, saßen aber nicht mehr zusammen. Gott sei Dank im Nachhinein, da wir somit jeder eine Steckdose im Flugzeug hatten. Isländische Preise sind extrem hoch. Die Wartezeit wurde mit Kantinenessen vertrieben, welches mich direkt um 20€ erleichterte für ein paar Nudeln. Welcome to Island, meinte die Kassiererin freundlich ironisch zu mir, als ich leicht schockiert den Preis hörte. Wartezeit mal wieder, die dann in Hektik endete, da das Gate plötzlich “finishing” als Status hatte und wir durch den ganzen Flughafen rannten. Da war das Essen auch direkt wieder abtrainiert. Durch die US Border vorgeschoben und weiterer Rennstrecke dann endlich am Gate angekommen. Das Boarding hatte noch nicht begonnen. Aufatmen. Dann gings weiter ins Flugzeug nach San Francisco. Nach einem Tag Verspätung, vieler neuer Eindrücke und neuen Menschen. Island, du warst unfreiwillig großartig.